Zum Beispiel Kaltenkirchen – Geschichte und Nachgeschichte eines KZ-Außenlagers

© KZ Gedenkstätte Kaltenkirchen. Foto 2024 Henrik Matzen
Taktiles Geländemodell

Im KZ-Außenlager Kaltenkirchen verübten deutsche SS- und Wehrmachtsangehörige unter dem NS-Terrorsystem 1944/45 schwerste Verbrechen an über 1.000 aus ganz Europa verschleppten Männern. Hunderte überlebten Misshandlungen und die schwere Zwangsarbeit unter unmenschlichen Bedingungen nicht. Nach Kriegsende wollten viele Menschen nicht mehr wissen und erinnern, was hier geschehen war. Andere aber stellten Fragen und suchten gegen politische und gesellschaftliche Widerstände nach Spuren, sprachen mit ehemaligen Häftlingen und setzten sich für die Gründung einer Gedenkstätte ein. Die neue Ausstellung beleuchtet diese politisch-gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und schafft wichtige Grundlagen für die Vermittlungsarbeit.

„Mit der vollständigen Überarbeitung der Dauerausstellung waren insbesondere zwei Zielvorstellungen verbunden: Eine inhaltlich-didaktische Neukonzeption und Erweiterung sowie eine mediale Anpassung an zeitgemäße und professionelle Standards. Methodisch folgt die neue Ausstellung primär einem multiperspektivischen Ansatz, in dem biographische Zugänge eine zentrale Rolle spielen. Exemplarische biographische Darstellungen sollen komplexe Zusammenhänge anschaulicher und leichter verstehbar machen. Darüber hinaus ermöglichen diese Zugänge die Konkretisierung von Wahrnehmungsbreiten und das intensive Ausleuchten persönlicher Handlungsmöglichkeiten“.
Marc Czichy, Leiter der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen zur Eröffnung der Ausstellung

PROJEKTDETAILS
  • Auftraggeber: Trägerverein der KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen-Springhirsch
  • Kategorie: Dauerausstellung
  • Ausstellungsfläche: ca. 100 m², zzgl. Außengelände
  • Eröffnung: 02.02.2024

Gestaltungskonzept Außengelände

Im Außengelände wurden die stark verwitterten Einfassungen der Barackengrundrisse durch neue rote Stahlprofile ersetzt und zusätzliche Markierungen zur Kenntlichmachung der historischen Lagerbegrenzung gesetzt. Künftig führt ein digitaler Actionbound-Rundgang mit eingesprochenen Erinnerungsberichten ehemaliger Häftlinge und ein mehrsprachiges Begleitheft über das Gelände. Die Stationen sind mit Buchstaben markiert. Eine Einführung in Geschichte und Topografie erfolgt an einem inklusiven Tastmodell.

Innenausstellung

Während im Außengelände auf die Geschichte des KZ-Außenlagers bis 1945 fokussiert wird, setzt sich die Ausstellung im Gebäude detailliert mit der Nachgeschichte auseinander. Verknüpft werden beide Bereiche durch das gläserene Foyer, das Ergebnisse von Erinnerungsarbeit und Beteiligungsformaten ausstellen wird. Das Farbkonzept hilft bei der Orientierung. Während die Informationen zur NS-Geschichte mit einer roten Quadrat-Textur hinterlegt sind und damit aus der grünen Vegetation hervortreten, verweist im Inneren die Farbe Grün auf die Nachkriegsgeschichte. So wie das Gelände zuwucherte, überlagern sich in der grafischen Textur grüne Kreise.

Tischinszenierung Nackriegsgeschichte
Interaktive Tischinszenierung zur Nachkriegsgeschichte

Eine Tisch-Installation im Zentrum des Ausstellungsraums assoziiert eine sich verändernde Landschaft. Beim Umrunden des Tisches erschließen sich die verschiedenen Phasen der Auseinandersetzung und des Umgangs mit dem historischen Ort, vom Bezeugen einerseits und dem Vergessen wollen, Leugnen andererseits, vom Zuwachsen lassen und Umnutzen des Geländes, bis zum Fragen stellen, Ausgraben und schließlich dem Sichern der Spuren und Bewahren der Erinnerung durch das Einrichten der Gedenkstätte.

Beteiligungsformat: Fragen an die Täter und Mitwisser*innen

Die Inszenierung vermittelt auf verschiedenen Informationsebenen, durch biografische Zugänge, interaktive und mediale Stationen auf zugängliche und zum Entdecken anregende Weise das Ringen um Erinnerung. Die Ausstellung ist barrierearm und inklusiv gestaltet. Taktile Objekte und Audioführung übersetzen für Sehbehinderte die Hauptaspekte der Erzählung.

Eingerahmt wird die Mittelinszenierung durch Hintergrundinformationen und Recherchemöglichkeiten, Zeitzeugen-Videointerviews, einem digitalen Gedenkbuch, der Inszenierung der Namen aller bekannten und unbekannten Häftlinge und der Konfrontation mit der Zuschauer- und Täterperspektive, die zur partizipativen Stellungnahme herausfordert.

LEISTUNGEN
  • Gestaltungskonzept
  • Ausstellungsgrafik
  • Ausführungsplanung
  • Bauleitung
  • Kostenkontrolle

Medien: Matthies Weber & Schnegg, Berlin 

Fotos: KZ Gedenkstätte Kaltenkirchen. Foto 2024 Henrik Matzen

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